Spotlight: Das erste Licht des Tages – die Muriah
kämpft sich durch schwere See und ihr Schaukeln, vermischt mit dem
gleichbleibenden Vibrieren der Motoren hat die durchschlagende Wirkung einer
Holzkeule auf den Kopf. Wenn ich in Indonesien schon mal so gut geschlafen habe,
kann ich mich jedenfalls nicht daran erinnern. Eingeklämmt und auf dem Boden
liegend, finde ich mich umgeben von Körpern anderer Schlafender – Frauen,
Kinder, Greise – schwitzenden, sabbernden, schnarchenden Körpern; und schlafe wie ein Baby. In 2 Stunden
wenn die Fähre nach 7 stündiger Fahrt endlich ankommt werden alle zum
Applaudieren aufwachen, wie in Europa im Flugzeug. Nur, dass man hier nicht aus
Gratulation zu klatschen scheint, sondern aus Dankbarkeit, noch am Leben zu
sein – weil die Fähre es, trotz Rost und allgemeiner Vernachlässigung einmal wieder geschafft hat, Menschen, Tiere, Fahrzeuge
und Nahrung unbeschadet durch die Javanesische See zu transportieren. Bei
genauerer Betrachtung der Muriah… vielleicht sollte ich mitklatschen.
Story: Seit 6 Wochen lebe und Studiere ich jetzt
in Yogyakarta, auf Java, der Hautpinsel Indonesiens. Noch immer ist jeder Tag eine Lektion in Gedult und Bescheidenheit. Um nur ein Beispiel zu nennen: In Bahasa Indonesia, der offiziellen
Staatssprache des Landes, ist sowohl das Wort für ‘später’ als auch für ‘morgen’ besok, sodass der Unterschied verschwimmt. Wenn man etwas abspricht, macht es häufig keinen Unterschied, wann die Verabredung eingehalten wird - was zählt ist, dass sie eingehalten wird.
Fasiziniert beobachte ich die Funktionsweise einer Gesellschaft und eines Landes dessen Logik und Sinn so fern meinem eigenen sind. Es ist nicht so, als gäbe es hier keinen Sinn, keine Logik – sie sind nur anders. Mit der Zeit beginne ich, die dem vermeintlichen Chaos unterliegende Ordnung sehen zu lernen. Im Bus: Ca 50 menschen in einem Minivan der vielleicht für 20 konzipiert ist; Krach, Geschrei, schlechte Luft, schlechter Atem. Überall sitzen und stehen die Menschen, schnattern durcheinander, tragen Körbe, Taschen, Koffer, Säcke mit sich, hängen hinten und vorne an den Türen des Busses, der knatternd von Ecke zu Ecke rast, scheinbar sinnfrei an jeder zweiten anhält, Leute ausspuckt und neue aufnimmt. Die obligatorischen 4 Ziegen und 20 Hühner unter den Sitzbänken und auf dem Dach nicht zu vergessen. Wie ein Freund sinnreich bemerkt: Es ist keine echte Indonesische Reise, wenn nicht mindestens 2 Ziegen mit an Bord sind. Vielleicht sollte mal jemand eines dieser Schilder an den Bus hängen; Bitte Vorsicht – Ziege an Bord.
Fasiziniert beobachte ich die Funktionsweise einer Gesellschaft und eines Landes dessen Logik und Sinn so fern meinem eigenen sind. Es ist nicht so, als gäbe es hier keinen Sinn, keine Logik – sie sind nur anders. Mit der Zeit beginne ich, die dem vermeintlichen Chaos unterliegende Ordnung sehen zu lernen. Im Bus: Ca 50 menschen in einem Minivan der vielleicht für 20 konzipiert ist; Krach, Geschrei, schlechte Luft, schlechter Atem. Überall sitzen und stehen die Menschen, schnattern durcheinander, tragen Körbe, Taschen, Koffer, Säcke mit sich, hängen hinten und vorne an den Türen des Busses, der knatternd von Ecke zu Ecke rast, scheinbar sinnfrei an jeder zweiten anhält, Leute ausspuckt und neue aufnimmt. Die obligatorischen 4 Ziegen und 20 Hühner unter den Sitzbänken und auf dem Dach nicht zu vergessen. Wie ein Freund sinnreich bemerkt: Es ist keine echte Indonesische Reise, wenn nicht mindestens 2 Ziegen mit an Bord sind. Vielleicht sollte mal jemand eines dieser Schilder an den Bus hängen; Bitte Vorsicht – Ziege an Bord.
Eine Frau mit Baby rennt auf den Bus zu,
starke Arme ziehen sie in die Tür, halten sie fest. Das Baby wird nach innen
weitergegegben und landet auf meinem Schoß – inzwischen kenne ich diese
bestimmte Spielregel: Weitergeben, bei irgendeiner älteren Frau auf dem Schoß
wird es Zuflucht finden, bis die Mutter einen sichereren Reiseplatz gefunden
hat. Niemanden stört, dass Mutter und Babysitter sich nicht kennen, jeder weis
was zu tun ist und tut es – ohne Bedenken. Mutter und Kind sind an Bord, an der
hinteren Tür klopft einer der Buspaks mit seinem Ring an die Glasscheibe um dem
Fahrer das Singal zur Weiterfahrt zu geben. “Arang, Arang, Arang!” schreit desweilen
der andere Buspak an der vorderen Tür, während wir auf den überquellenden
Busbahnhof eines der gefühlten zweitausend Orte einbiegen, die unterwegs
angefahren werden. Arang ist kurz für Semarang, der Ort zu dem wir auf dem Weg
sind, von dem aus die Fähre zu den Karimun Jawa Inseln geht. Nicht immer sind die
Abkürzungen so eindeutig; Suryakarta zum Beispiel, wird mit Solo abgekürzt, mein
Wohnort mit Yogya. Ein weiteres Steinchen dieser Ordung, deren Spielregeln ich mir unbekannt sind; dass man die Spitznamen der Städte, zu denen man möchte wissen und
unter den Rufen der Buspaks Namen heraushören muss, um richtig einzusteigen.
Wie auf Befehl stehen an allen Türen und
Fenstern auf einmal Verkäufer mit Körpen voll Essen, Trinken,
Erfrischungstüchern und jedem erdenklichen Klunker. Aussteigen und Essen kaufen
kommt nicht in Frage – gewartet wird nicht, weil Bus wie Fähre nicht nach Fahrplan
fährt, sondern wenn sie voll sind (für eine Definition von voll, siehe oben). Und
so kommt das Essen eben zu den Reisenden; nur was man tut, wenn man aufs Klo
muss, bleibt mir schleierhaft. Lauthals wird sämtliche Ware angepriesen während
zwei Männer mit Ukulele und der Tonsicherheit eines tauben Esels ein
jawanesisches Lied anstimmen. Kaum haben ihre Runde durch den Bus beendet,
treten fünf ähnlich talentierte Jugendliche ein, auch sie offen und ehrloch
bestüzt, wenn man ihnen nur dua Ribu (zweitausend Indonesische Rupien) gibt.
Niemandem kommt in den Sinn, nichts zu geben – vollommen egal, ob die Musiker
gut sind, oder die ca. dreiundvierzigsten an diesem Tag. Die Ibu (Dame) neben mir bietet mir ein Teil ihrer Innereien am Stock an - da Ablehnen nicht in Frage kommt, kaue ich also auf einem Stück Rinderherz herum. Schmeckt besser, als sich der gemeine Europäer das so vorstellt.
Die Motoren aller Busse im Bahnhof laufen
und mit der Musik, den Geschrei der Händler, Buspaks, Gäste, Kindern und Tieren
herrscht eine kaum zu beschreibende Geräuschkulisse. Und doch: irgendwo scheint
irgendwer den Überblikck zu behaltet, werden Bules (weiße Ausländer wie ich)
bei verwirrtem Aussehen sofort an die Hand genommen und zielsicher zum
richtigen Terminal gebracht, geht kein Kind, keine Ziege oder Tasche verloren. Am
Ausgang des Terminals staut es sich, immernoch springen Menschen auf, schallen
Rufe nach Destinationen durch die Luft. Ein Junge, nicht älter als 12, steht
todesmutig im Chaos zwischen den 30 Bussen, dirigiert Fahrer und Gäste, weist
Richtungen an, lässt ein- und ausparken. Keine 5 Minuten hat unser Aufenthalt gedauert
– ein Durchschnitt auf den jeder Effizienz-versessene Europäer stolz sein kann.
So fordert es also genaueres Hinschauen und
Aufpassen, eine gewisse Zeit und Openmindenness (Aufgeschlossenheit) um die Funktionsweise und Logik
verschiedener Elemente indoensischen Lebens sehen und begreifen zu lernen. Erst
auf zweiten oder dritten Blick erkenne ich das Signal zum Anhalten des Busses, wenn man
aussteigen möchte - obgleich abspringen dem eigentlich Geschehenden näher kommt als das
ruhig anklingende Absteigen. Ein
kurz gerufenes “Pak!” oder “Mas” an den nächsten Buspak gerichtet, (Pak ist die
respektvolle Anredeform für einen älteren Mann, während man als Mas jüngere
oder ungefähr gleichalte Männer anspricht) gefolgt von einer Handgeste wie zum
Verscheuchen von Hühnern und schon klopft der Ring ans Fenster, die Fahrt wird langsamer
und man kann, gepäckbeladen, abspringen. Kaum runter, knallt der Ring wieder; “Hey-Hey-Hey!”
ruft der Pak noch – auch dies ein Losfahr-Signal und gleichzeitige Einladung
noch aufzuspringen – und schon verschwindet der Bus in einer Wolke aus Abgasen
und Staub.
to be continued...
PS: special thanks to Povi for sharing his amazing and incredible technological powers and helping to set up this Blog -.-
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